Elettra de Salvo
DAS ZIMMER UND DIE ZEIT
Sitting in my room in front of the time

Eine Performance von und mit Elettra de Salvo nach der literarischen Vorlage von Gertrude Steins "A Birthdaybook"

Konzept, Dramaturgie, Raum: Elettra de Salvo

Technische Realisation: Gregor Knüppel

Assistenz: Gabriela Zorn

March the twenty-ninth for instance-March the thirtieth makes March the thirtieth and makes March the thirtieth and makes March and makes March the thirtieth-March the thirtyfirst reasonably-April the first, yes sir-April the second in order to maintain that this would be especially so-April the third every once in a while...
Um die Jahrhundertwende waren Geburtstagsbücher sehr in Mode, worin jeder Tag des Jahres auf einer einzelnen Seite gedruckt wurde. Gertrude Stein, die eine ausgeprägte Vorliebe für scheinbare Banalitäten und Trivialitäten des Alltagsleben hatte, verfaßte 1924 auch ein Birthdaybook. Von der seriellen Form und von den gedankenschweren Tagessprüchen der Geburtstagsbücher fasziniert, hat Stein eine grammatikalische und idiomatische Demontage dieser Sinnstrukturen vollzogen. Alltägliche Redewendungen, klischeehafte Tagessprüche werden dabei 365 Mal ironisch dekomponiert und neu zusammengesetzt, fragmentarisch zitiert und spielerisch verfremdet. 
Der Text dieses Buches, das den Zeitraum eines Jahres auf wenige Seiten komprimiert, soll in Interaktion gebracht werden mit der biologischen Zeit im Körper der Performerin, deren Herzfrequenzen mit Hilfe spezieller Mikrophone hörbar gemacht werden. Die eigenständigen Gesetz- und Regelmäßigkeiten, bzw. Unregelmäßigkeiten im Inneren des menschlichen Körpers sollen diesen als Uhr-Meß-Zeit-Körper verstehen lassen und zum äußeren Zeit-Raum in Beziehung gesetzt werden. Durch die Gleichzeitigkeit der Darstellung fiktiver und Echtzeit soll das Interesse und die Konzentration der Zuschauer auf die Wahrnehmung von und Auseinandersetzung mit Zeit und deren Relativität gelenkt werden.
Da diese Performance Installaktionscharakter hat, ist es sowohl möglich, kurz zu verweilen, als auch sich auf die gesamten 30 Minuten einzulassen und sich sozusagen "Zeit zu nehmen". Denn der Zustand des Wartens soll hier, entgegen einer vermeintlichen Erwartungshaltung, als gleichberechtigt zum Handeln und nicht nur als Übergang zum nächsten Ereignis dargestellt werden: "...Eine Frau allein auf einem Stuhl, beide Brüste entblößt, am Herzen ein Mikrofon, das die Töne des schlagenden Organs aufnimmt. Aus den Tiefen dieses Abgrundes läßt Elettra de Salvo die Laute heraufdingen, von ihrer Bedeutung losgelöste Silben, die nichts beschreiben als das ruhige Fortschreiten der Zeit und sich mit den Atem- den Lebensgeräuschen zu einem Klangkunstwerk verbinden." Frankfurter Rundschau